Zusammenfassung: Auf dem Weg zum zirkulären Bauen in MV – der Blick über den Tellerrand
Am 10.11. fand die Veranstaltung „Auf dem Weg zum zirkulären Bauen in MV: Blick über den Tellerrand“ der Projektgruppe Wertstoffe und Zirkularität“ im Hause der IHK zu Schwerin statt. Die rund 70 Gäste wurden mit Grußworten des Hauptgeschäftsführers der IHK zu Schwerin, Siegbert Eisenach, und der Staatssekretärin für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Elisabeth Aßmann, empfangen. Begleitet von der Moderation von Dorothee Wetzig und Andreas Flock stellten die drei ReferentInnen danach ihre best practice Beispiele vor.
Die Vortragsfolien sind auf Anfrage an wetzig@schwerin.ihk.de erhältlich.
**Die Idee des zirkulären Bauens **
Frau Ute Dechantsreiter, Vorsitzende und Mitbegründerin des Bundesverbands bauteilnetz Deutschland e. V., beleuchtete die aktuelle Ausgangslage: Um die Klimaschutzziele zu erreichen, rücke neben den Energieeffizienzprogrammen die Schonung und der wirtschaftliche, aber auch der sozialverträgliche Umgang mit natürlichen Ressourcen in den Fokus. Eine aktive Kurze- Wege- Kreislaufwirtschaft im Bauwesen nehme besonders auf regionaler Ebene eine immer entscheidendere Rolle ein. Die Entwicklung und der Ausbau regionaler Wirtschaftskreisläufe auch im Bauwesen seien zum Erreichen kommunaler Nachhaltigkeitsziele unabdingbar. Durch den hochwertigen Wiedereinsatz von Baumaterial werde der Einsatz von Wasser und Energie gespart, CO2 gemindert, Flächenverbrauch für Rohstoffgewinnung und Deponierung aufgehalten.
Information entscheidend
Ob Rückbau (selektiver Abbruch) oder Neubau (demontierbares Bauen mit R-Baustoffen), in beiden Bereichen fehle ein System zur Kommunikation, Weiterbildung, Qualifizierung und Vermittlung von Verfahren zur Abfallvermeidung am Bau. Frau Dechantsreiter ging insbesondere auf den aktuellen Stand in Deutschland bei der Wiederverwendung von Bauteilen und beim hochwertigen Einsatz von Baustoffe sowie auf rechtliche Rahmenbedingungen ein und stellte den Bremer Handlungsleitfaden sowie das Bündnis Kreislaufwirtschaft Bauwesen – Metropolregion Nordwest vor.
**Rotor DC und die Baustoffbörse Opalis **
Michael Ghyoot als Wegbegleiter der Non Profit –Organisation Rotor mit Sitz in Brüssel beleuchtete die Geschichte von Rotor, der aus diesem Projekt abgeleiteten Online Plattform Opalis und der Ausgründung Rotor DC, dem kooperativen Materialzentrum im Eigentum der dort Beschäftigten. Beide, Rotor und Opalis, wurden durchgehend gefördert. Während Rotor sich auf Forschung im Bereich der Zirkularität konzentriert, bietet Opalis ein Online-Verzeichnis von Unternehmen in Westeuropa. Rotor DC bieten ein Materialzentrum mit Schwerpunkt zeitgenössische Materialien aus vergleichsweise großen Gebäuden und einen online shop. Sie setzen Kenntnisse der Forschung aus Rotor um und sammeln Erfahrungen, die ihrerseits Forschungsgegenstand werden können.
Entsorgungsunternehmen als Partner
Laut Herrn Ghyoot ist beim Start zirkulärer Unternehmungen die Zusammenarbeit mit Entsorgungsunternehmen ein entscheidender Faktor. Diese verfügten über das Fachwissen und die Lagerkapazitäten, um so die nötige Logistik für den Materialaustausch zu bieten. Abschließend wurden Ergebnisse des FCRBE Forschungsprojektes vorgestellt, das unter anderem Anleitungen für den praxisgerechten Umgang mit den Themen Gewährleistung und Dokumentation zusammengestellt hat.
**Die Bauteilbörse Concular **
Julius Schäufele ist Mit-Gründer und Geschäftsführer der Concular GmbH mit Sitz in Berlin, Düsseldorf und Stuttgart. Concular entwickelt sich unter anfänglicher Mithilfe von Förderungen zu einem vollständigen zirkulären Ökosystem: Beratung, Bestandsaufnahme und Dokumentation, Kategorisierung, Ausweis der der zirkulären Leistungsfähigkeit bis hin zur Demontage und Bereitstellung ganzer Gebäude. Ein Fokus liege auf der Bereitstellung von Planungswerkzeugen die unmittelbar in die Planungsprozesse eingebaut werden können, so dass zirkuläre Elemente als passende Alternativen erkannt werden können.
Massentauglichkeit gegeben
Ein Schwerpunkt der Arbeit von Concular liegt auf der Wirtschaftlichkeit der mittlerweile 350 zirkulären Projekte, die sich vorrangig aus der Gruppe der Gebäude ab 5.000 m2 entwickelt haben. Aus Sicht von Herrn Schäufele sei ein wesentlicher Punkt, um eine zirkuläre Unternehmung zu beginnen, Angebote und Nachfrage auf der Grundlage detaillierter Datenbanken zu vernetzen. Dabei sollten Materialzentren zuerst als Materialzwischenlager von Projekten einschließlich der Aufarbeitung von gewonnenen Bauelementen gedacht werden, weniger als Verkaufslager: Diese Räume bedeuteten häufig hohe Kosten.
Lokale Materialzentren
Aktuell entstehe das erste regionale Materialzentrum in Berlin zusammen mit dem Entsorgungsunternehmen Alba Nord GmbH. Weitere Zentren in verschiedenen Regionen Deutschlands seien geplant. Gewährleistung und Nachweise würden zusammen mit externen Institutionen durchgeführt.
Wie gelingt eine landesweite Materialbörse?
In der anschließenden offenen Diskussion konnten die Gäste gemeinsam mit den ReferentInnen die Themen herausarbeiten, die für die weitere Entwicklung konzeptgestaltend werden:
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Die zugängliche Vernetzung der bestehenden Austausch- und Forschungsaktivitäten
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Die Praxisumsetzung einschließlich der Gestaltung von Ausbildung und universitärer Lehre
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Die Sichtbarmachung der zirkulären Aktionen, um Menschen zur Teilnahme einzuladen, bei der Mitarbeit zu unterstützen und Einsicht und Motivation zu fördern
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Die Gewinnung und Einbindung von Bauhöfen und Entsorgungsunternehmen
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Die Beachtung der Besonderheiten des Flächenlandes MV mit einem großen Anteil kleinerer Bauwerke in der Fläche
Ein weiterer wesentlicher Gehalt des gemeinsamen Fachgespräches war die Bedeutung der Offenheit der erarbeiteten Angebote einer landesweiten Plattform und regionaler Materialzentren: Das vernetzte und gesammelte Wissen müsse sämtlichen AkteurInnen zur Verfügung stehen, um möglichst zahlreiche und diverse Ideen zur regionalen Wertschöpfung zu ermöglichen. Die Diskutanten waren mehrheitlich der Meinung, dass eine öffentliche Anschubfinanzierung für ein solches Angebot von gemeingesellschaftlichem Interesse und als Grundlage einer darauf aufbauenden Wertschöpfung gerechtfertigt sei. Dies umso mehr, da der Wirtschaftsraum erst erarbeitet wird, in dem diese zirkulären Ökosysteme sich entwickeln werden.